Der arabische Frühling
Auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts gab es in der arabischen Welt nur wenig Demokratie. Die Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas wurden von Staatspräsidenten wie Ben Ali (Tunesien), Mubarak (Ägypten) Assad (Syrien) oder Ghadaffi (Libyen)
diktatorisch regiert.
2010 verbrannte sich in
Tunesien ein Gemüsehändler und demonstrierte so gegen Polizeiwillkür und Demütigungen. Innerhalb weniger Wochen kam es im ganzen Land zu Protestaktionen. Es war eine
Jugend ohne wirtschaftliche Perspektiven, die auf die Straße ging. Die Unruhen gingen als „Jasmin-Revolution“ in die Geschichte ein. Der Machthaber von Tunesien wurde gestürzt und musste fliehen. Mobiltelefone und Internetplattformen trugen dazu bei, dass dieser „Arabischer Frühling“ sich sehr schnell nicht nur in Tunesien, sondern auf
ganz Nordafrika und in den Nahen Osten ausweitete.
In
Libyen kam es zu einem Bürgerkrieg, bei dem Rebellen mit Unterstützung durch die NATO den bizarren Staatschef Gaddafi stürzten.
Der Aufstand in Ägypten begann mit dem „Tag des Zorns“. Bald musste der langjährige Staatspräsident Mubarak zurücktreten.
Ein Militärrat übernahm die Macht. Den Demonstranten wurden freie und demokratische Wahlen zugesichert. Die
fanatischen Muslimbrüder erhielten zusammen mit anderen islamistischen Parteien eine Mehrheit im Parlament. Als sich der neue Präsident Mohammed Mursi große Machtbefugnisse einräumte, kam es zu immer heftiger werdenden Protesten von liberalen, linken und weltlichen Kräften gegen die neue Verfassung, die sich auf die
Grundsätze der Scharia berief. Auch die
Kopten (altorientale Christen) hatten unter den Islamisten zu leiden. Schließlich griff das Militär ein, verhaftete Mursi und übernahm die Kontrolle des Landes.
In
Syrien weitete sich der Bürgerkrieg zu einer Tragödie aus. Hunderttausende wurden Opfer der Kämpfe zwischen den Regierungstruppen von
Assad und den Rebellengruppen. Unüberschaubare Zeltlager mit traurigem
Flüchtlingselend entstanden jenseits der Grenzen. Das Problem der sowieso schon bedeutenden Flüchtlingsströme von Afrika ins reiche Europa wurden nun durch Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten des Nahen Ostens verschärft
Viele weitere Länder waren vom Arabischen Frühling erfasst worden. Doch
es entstanden dann keine Demokratien, in denen die Menschenrechte beachtet werden. Das Vakuum wurde von
fanatischen Dschihadisten des IS und anderer fundamentalistischer Gruppierungen gefüllt, die mit Terror ein Kalifat errichten wollen, einen Gottesstaat mit Scharia und Gebräuchen wie im Mittelalter. Der Westen muss sich die Frage stellen,
wieweit der fundamentalistische Islam sich mit modernen Demokratien westlicher Prägung verträgt.