Von Garibaldi zu Berlusconi
Einigungsbestrebungen im 19. Jahrhundert
Mit seiner Italienarmee hatte
Napoleon die vielen Fürstentümer Italiens unter einer Herrschaft vereinigt und sich selber zum König von Italien gemacht.
Der Wiener Kongress 1815 stellte dann in Europa wieder die Zustände her, wie sie vorher waren. Einige der italienischen Fürstentümer
Garibaldi. Guerillakämpfer für das Risorgimento standen unter dem Einfluss Österreichs, viele andere waren von Frankreich abhängig.
Liberale und demokratische Kräfte wünschten eine Einigung Italiens zu einer Nation. Der Geheimbund der
„Carbonari“ agitierte im Untergrund. 1848 kam es zu Aufständen, die Fahne der Revolutionäre war die grün-weiß-rote
„Nastri tricolori“.
Wie der Preuße Bismarck in Deutschland wirkte der piemontesische
Kanzler Cavour für die Einigung Italiens, für das
„Risorgimento“. Er verbündete das Piemont mit Frankreich, um in blutigen Schlachten
(Solferino) die Österreicher aus der Lombardei zu vertreiben. Von Süden her „erlöste“ der
Freischärler Garibaldi mit seinen „Rothemden“ Sizilien und Süditalien und besiegte auch die Truppen des Papstes. 1870, nach einer Abstimmung, fiel dann der Kirchenstaat an Italien und Rom wurde zur nationalen Hauptstadt.
Mussolini und der Faschismus
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 hatte sich sich Italien neutral erklärt. Dann trat es aber doch auf der Seite der Entente (F, GB, Ru) gegen Deutschland und Österreich in den Krieg
(Front am Isonzo).
1918 fühlte sich Italien als Siegermacht, war aber über den Gebietsgewinn enttäuscht. Das Land geriet wie viele europäische Staaten in
eine schwierige wirtschaftliche Lage. Im Jahre 1920 kam es zu mehr als 2000 Streiks. Im italienischen Bürgertum herrschte Furcht vor einer
kommunistischen Revolution.
Mussolini als "Duce" So begann der Aufstieg der extrem nationalistischen
Faschistischen Partei unter Benito Mussolini. Im Oktober 1922 unternahmen etwa 20'000 „Schwarzhemden“ einen
Marsch auf Rom. Darauf trat die demokratische Regierung zurück, und der König beauftragte Mussolini, eine neue Regierung zu bilden. Mussolini schaltete Schritt für Schritt alle nichtfaschistischen Kräfte aus
(Einparteienstaat). Mussolini ließ sich
Duce (Führer) nennen. Man feierte ihn als Retter aus der Not, der Arbeit, Ruhe und Ordnung gebracht und das Gespenst des Kommunismus gebannt hatte. Mussolinis Außenpolitik zielte auf die
Erneuerung des römischen Imperiums. Das Mittelmeer sollte wieder das „mare nostro“ (= unser Meer) werden.
Mussolini brachte
Libyen unter die Kontrolle Italiens, marschierte in
Äthiopien und in
Albanien ein und beteiligte sich am
Spanischen Bürgerkrieg.
Der Wahlspruch des Duce, „Lieber ein Tag wie ein Löwe leben als 100 Jahre wie ein Schaf“, war anders als die Wirklichkeit für die Italiener. Die meisten Italiener waren weder Löwen noch Schafe, sie überstanden das alles dank
Lippenbekenntnissen und guter Miene zum bösen Spiel, während sich die Kommunisten mit den Sozialisten im antifaschistischen Untergrund zusammenschlossen und im Zweiten Weltkrieg als
Partisanen an der Seite der Alliierten (GB, USA, USSR) kämpften.
Im Mai 1939 schlossen Hitler und Mussolini den „Stahlpakt“ (Achse Rom-Berlin). Angesichts der Blitzsiege Hitlers zu Beginn des 2. WK war die Verlockung, Kriegsgewinne zu erzielen, für Mussolini doch zu groß. Im Juni 1940, kurz vor Frankreichs Kapitulation, trat Italien in den Krieg ein. Die Nazis sahen Italien nur als „untergeordneten“ Verbündeten an, was den Duce tief verletzte. Er fiel in
Griechenland ein und die Deutsche Wehrmacht musste ihm helfen. Auch in
Nordafrika musste der legendäre deutsche General Rommel den bedrängten Italienern zu Hilfe kommen. Schließlich wurden sogar Teile Italiens von den Deutschen besetzt.
Montecassino, Kampf am heiligen OrtIm Juni
1943 landeten die Alliierten auf Sizilien, bezwangen in einer blutigen Schlacht am
Monte Cassino die deutschen Fallschirmjäger und befreiten dann Rom. Mussolini, der gestürzt wurde und für kurze Zeit als Marionette der Deutschen im Norden wieder zu Amt und Würden gelangt war, wurde auf der Flucht zur Schweizer Grenze gefangen genommen und im April 1945 erschossen.
Zwischen Rechts und Links in der Nachkriegszeit
Aldo Moro, von Terroristen entführt Die Nachkriegszeit war für Italien eine Leidenszeit
(Arbeitslosigkeit, Auswanderung, Schwarzmarkt, Korruption, ständig wechselnde Regierungen).
Die Kluft zwischen Rechts- und Links-Parteien wurde erst in den 1970er-Jahren überbrückt,
als die Christdemokraten die „apertura a sinistra“ erklärten und als die Kommunisten sich von Moskau lösten und mit dem
„Eurokommunismus“ vom marxistischen Revolutionsdenken abrückten
Italien gehört zu den
Gründungsmitgliedern der EWG (heute: EU). Doch der wirtschaftliche Aufschwung hielt nicht an. Inflation und Gefälle zwischen dem reichen Norden und dem armen Mezzogiorno konnten nicht behoben werden.
In den späten 70er-Jahren eskalierte der
Terrorismus in Italien: Entführungen und Attentate waren an der Tagesordnung. (Entführung und Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten Aldo Moro 1978 durch die
linksradikale Brigate Rosse).
Skandale und Regierungskrisen
Untersuchungsrichter und Staatsanwälte gingen dann energisch gegen die uralte
Verbrecherorganisation Mafia vor, die ihre Verbindung bis ins höchste Regierungsamt hatte (Ministerpräsident Craxi kam ins Zuchthaus, weitere führende Köpfe wurden verhaftet). Die
Antikorruptionskampagne „Mani puliti“ kämpfte erfolgreich gegen Beamtenbestechung.
Silvio Berlusconi, Cavaliere und steinreiches Stehaufmännchen. Ein schillernder Ministerpräsident! Einige Parteien wurden aufgelöst, darunter auch die „Democrazia Cristiana", und neue Parteien entstanden. 1998 wurden zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert die Kommunisten an der Regierung beteiligt. Doch nach bereits einem Jahr wurde der Unternehmer und Multimilliardär Silvio Berlusconi Ministerpräsident. Berlusconi war in eine Reihe von Korruptionsskandalen verwickelt, wurde aber durch ein von ihm geschaffenen „Immunitätsgesetz“ vor Prozessen geschützt.
Berlusconi sorgte immer wieder für Skandalschlagzeilen („Bunga-Bunga“-Partys). Gerne sprach er öffentliche Beschimpfungen gegen seine politischen Gegner aus. Von einem italienischen Gericht wurde er 2013 als „Gewohnheitsverbrecher“ eingestuft und letztinstanzlich zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt, er durfte die Strafe aber als Hausarrest verbringen.
Trotz allem und trotz ständiger Regierungskrisen kam und kommt Italien irgendwie zurecht: „ E la nave va.“ Die Italiener sind stolz auf ihre Geschichte, ihre Kultur und auf Italien.
Die Parlamentswahlen 2022 gewann die rechtsgerichtete Partei
Fratelli d'Italia, Ministerpräsidentin wurde
Giorgia Meloni. Ihre Regierung ist für italienische Verhältnisse erstaunlich stabil. Meloni politisiert eher gemäßigt und reiht sich auch als Rechtskonservative gut in die europäische Politik ein.